Ich hasse es. Ich habe ohnehin ein Problem damit, Dinge anzufangen, weshalb ich viele Sachen, die ich täglich erledigen müsste, auch echt nicht durchhalte. Einfach, weil jeden verdammten Tag das Starten eine Qual ist.
Menschen, die nicht an dieser Antriebsschwäche leiden, können sich gar nicht vorstellen, wie viel Energie es mich kostet, damit anzufangen, Dinge zu erledigen. Vor allem - aber nicht nur - wenn sie mit Bewegung zu tun haben. Und das Laufband ist sowas wie mein Endgegner ;-)
Die benötigte Aktivierungsenergie ist exorbitant hoch, deshalb mache ich wichtige Dinge auch morgens. Weil meine Willenskraft gegen Abend meist völlig aufgebraucht ist. Das ist übrigens nicht nur bei mir so; das wurde mal wissenschaftlich untersucht. Leider fällt mir nicht ein, in welchem Buch ich das gelesen habe, deshalb habe ich auch keine Quelle der Studie für euch, und ich bin spätestens seit Corona keine Freundin mehr davon, Behauptungen ohne wissenschaftlichen Beleg aufzustellen.
Aber ihr habt es sicher schon bei euch selbst gemerkt, dass ihr Aufgaben, die ihr erledigen müsst (v.a. wenn sie unangenehm sind) besser sofort erledigt, weil ihr das abends garantiert nicht mehr tut.
Mein Trick fürs Laufband-Training
Ich bringe es so schnell wie möglich hinter mich. In den ersten Tagen habe ich mich nach dem Aufstehen wie üblich in meinen Sessel gesetzt, Coffee Mocha getrunken, das Laufband böse angestarrt, und auf den Moment gewartet, an dem ich endlich Lust hatte, aufzustehen, mich in meine Laufhose zu quetschen, die Laufschuhe anzuziehen, den Kopfhörer ins Handy zu stöpseln (das ich dann mangels Tasche irgendwo in meine Hose gestopft habe) und beim Fitbit den Laufbandtrainingsmodus einzustellen (auf Start klicken nicht vergessen!).
Das war ganz schön viel, um mich aus dem "Gemütlich"-Modus zu holen. Und die Sache mit dem Handy in der Hose direkt auf der Haut kann ich auch nicht empfehlen: Trotz gesperrten Bildschirms (zum Entsperren brauche ich eigentlich Code oder Face ID) hat das Ding neulich mitten beim Training meine Tochter angerufen (zum Glück niemand anderen), was mich so irritiert hat, dass ich kurz vor der geplanten halben Stunde aufgehört habe zu laufen.
Irgendwann an Tag 4 oder 5 habe ich mir dann gesagt, dass ich meinen Kaffee lieber entspannt trinke und bin nach dem Aufstehen und Miss Schulkind in die Schule Verabschieden, direkt aufs Band gegangen. Den Teil mit dem "in die Laufhose quetschen" habe ich schnell weggelassen. Stattdessen habe ich jetzt eine gemütliche kurze Hose aus Sweatshirtstoff, mit tiefen Taschen, in die mein Handy super hineinpasst.
Ach, und ich knote jetzt direkt nach dem Training meine Schnürsenkel wieder auf (ich gehe nämlich immer bei geschlossenen Schnürsenkeln aus den Laufschuhen raus). Das Gefummel vor dem Training war nämlich auch nicht hilfreich, um meine Motivation zu steigern.
Allerdings muss es eben auch ohne Motivation gehen. Wie gesagt: Ich will dieses "Anfangen" einfach hinter mich bringen - das klappt am besten.
Das Hass-Gefühl einfach hinnehmen
Mein Laufband.
Ich hasse es mit dem Training anzufangen.
Ich hasse es währenddessen.
15 Minuten danach bin ich so froh, dass ich mich zum Training gezwungen habe, weil es so viel Energie gibt.
Ich darf es hassen - ich akzeptiere das Gefühl. Gehört anscheinend zur Routine dazu.
Weshalb ich nicht schon aufgehört habe
Es tut mir gut. So einfach ist das. Gestern ist mir das besonders krass aufgefallen. Ich war voller Tatendrang (das kommt sonst fast nie vor), habe meinen Vorratsschrank sortiert und dabei zu Uptown Funk in Dauerschleife getanzt.
Ich kann mich nicht erinnern, wann sowas das letzte Mal vorgekommen ist. Ich habe mich super gefühlt - kein Vergleich zu den letzten beiden Jahren. Und ich konnte alles ausblenden, was gerade Übles in der Welt passiert. Das kann man jetzt finden, wie man will, aber es ist wichtig für meinen Selbstschutz, auch wenn andere damit anders umgehen.
Also wenn ich morgens ganz kurz drüber nachdenke, vielleicht doch nicht aufs Laufband zu gehen, habe ich jetzt vier Argumente:
Mein Mann hat zugestimmt, so ein sperriges Möbel ins Haus zu holen, wenn ich nicht sofort wieder mit dem Training aufhöre.
Ich will diese Energie wieder spüren, die ich gestern hatte.
Ich schlafe so viel besser, bin morgens früher ausgeschlafen und abends später müde.
Don't break the chain. Ich möchte den Streak nicht unterbrechen. Deshalb sage ich auch nicht, dass ich dreimal pro Woche aufs Laufband gehe oder sechsmal, sondern jeden Tag. Ich bin ja keine Zockerin, aber ich finde das Konzept Gamification of Life echt gut. Gerade WEIL es mir schwer fällt, Dinge täglich zu erledigen, setze ich meinen Spieltrieb ein und MACHE sie täglich. Immer jeden Tag ein Häkchen dran, ohne Lücke. Beispiel Duolingo: Da bin ich aktuell bei Tag 998. D.h., ich öffne seit 2,7 Jahren täglich die App und mache eine Sprachlektion. Mal eine, die ich schon auswendig kann, nur um den Tag nicht zu vergessen. Mal ganz neue, damit ich auch was lerne. Mal eine Mischung aus beidem. Und ich bin echt gespannt, ob übermorgen irgendwas besonderes in der App passiert. I mean, 1.000 Tage ... das muss man erstmal hinkriegen. Beispiel Temperaturdecke: 2021 habe ich jeden Tag eine Reihe in der Farbe der jeweiligen Tageshöchsttemperatur gestrickt. 2022 häkle ich jeden Tag ein Grannysquare in der Farbe die ich der jeweiligen Tiefst- und Höchsttemperatur zugeordnet habe. Ist aufwändiger als das Stricken, aber jetzt höre ich nicht mehr auf, weil ich sonst nur einen seltsamen Streifen hätte und keine Decke. Und für die Laufband-Routine gamifiziere ich das Ganze eben mit diesem Blog hier. Aktuell mit dem Trainingstagebuch Februar / März 2022, wo ich jeden Tag eintrage, wie lange ich bei welcher Geschwindigkeit auf dem Ding war. Und ich poste jeden Tag ein Foto in meiner Insta-Story.
Wie bringt ihr euch dazu, euch zu Tätigkeiten zu überwinden, vor denen ihr euch am liebsten drücken würdet? Oder kennt ihr diese Antriebsschwierigkeit gar nicht? Ich freue mich über eure Kommentare dazu :-)
Liebe Grüße
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